Schuldgefühle
Mein ganzes Leben lang hatte ich immer wieder Schuldgefühle. Das machte es für mich oft schwierig in Situationen, in denen mir die Schuld zugeschoben wurde – oder ich glaubte einfach selbst, dass ich schuld war. Selbst als ich im Kopf kapiert hatte, dass es eigentlich so etwas wie Schuld gar nicht gibt, hatte ich die Gefühle immer noch.
Im Rahmen des Selbsterfahrungsjahres für die Ausbildung im Begleiteten Systematischen Wiedererleben bearbeitete ich u. a. meine Geburt und das Verhältnis zu meiner Mutter. Die dritte oder vierte Sitzung dazu geschah auf dem Fortbildungswochenende. Ich ging immer wieder durch Situationen, in denen mir als Kind die Schuld gegeben wurde oder ich selbst annahm, dass ich schuld sei. Begleitet wurde das von starken, furchtbaren Kopfschmerzen.
Am Ende war ich ganz gerührt, weil ich erkannte, dass ich überhaupt gar nicht schuldig bin. Das war ein sehr schöner, ergreifender Moment.
Seitdem ist es für mich viel leichter, mit Zuschreibungen von Schuld umzugehen. In Konflikten bin ich ruhiger, weil ich mich nicht mehr so sehr verteidigen muss. Auch fällt es mir leichter, in Situationen, in denen ich wirklich etwas verbockt habe, dafür geradezustehen, und bin dann interessiert daran, zu kommunizieren und mit demjenigen Menschen die Dinge zu klären. Es ist also nicht so, dass man ohne Schuldgefühle gewissenlos oder unsensibel wird. Früher bin ich immer in eine Schuld-Qual gefallen und habe mich selbst bezichtigt, anstatt die Dinge nüchtern anzusehen und zu klären oder mich einfach zu entschuldigen. Ich bin froh, dass man über das Wiedererleben die Schuld so sehr fühlen kann, bis sie sich auflöst.
Es lebt sich leichter ohne diese massiven Schuldgefühle, die das Leben so sehr erschweren.
Bianca, 30 Jahre